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Nie wieder Aktien?


Geldratgeber vom 24. März 2011

von Maximilian Reimann

Diese Frage bekam ich in den letzten Tagen wieder vermehrt zu hören. Krisen wie in Nordafrika, im Mittleren Osten und in Japan hatten einmal mehr rasch vernichtet, was Anleger zuvor in mühsamen Aufwärtsschritten an der Aktienbörse gewonnen hatten.

Das war unterschwellig auch der Grund, warum ich in meinen Geld-Artikeln der letzten Monate immer wieder nach Anlagealternativen Ausschau gehalten hatte, vom Kunsthandel über die nichtkotierten Aktien, den Rohstoffen bis hin zu den Immobilien einschliesslich des Eigenheims. Mit festverzinslichen Werten wie Anleihen, Kassenobligationen oder Spargeldern verdient man nach Steuern und Bankspesen praktisch nichts mehr. Aktien, kotierte wie ausserbörslich gehandelte, sind und bleiben Risikopapiere. Strukturierte Produkte sind schon deshalb nicht jedermanns Sache, weil man sie zu wenig versteht. Und im Rücken hat man häufig Bank- und Anlageberater, die ihre Kundschaft zu Käufen und Verkäufen animieren, denn der Börsenhandel ist schliesslich ein gutes Stück ihres Brotkorbes. Trotz all diesen Bedenken lautet meine Antwort auf die Titelfrage:

Aktien Ja, aber…
Ganz ohne Aktien kommt ein Anleger, der eine optimal auf ihn zugespitzte Strategie befolgt, an sich nicht aus. Es sei denn, die Strategie lautet: Keine Aktien, nur solide Obligationen und Spargelder. Wer eine solche Strategie befolgt, tut sicher nichts Falsches. Er verliert praktisch nichts, verzichtet aber auf höhere Renditen und kommt in Tiefzinsphasen, nach Entrichtung von Steuern und Bankspesen, so gerade mal eben durch. „Mit Obligationen gut schlafen, mit Aktien gut essen“ ist bekanntlich eine alte Börsenweisheit, die nach wie vor ihre Gültigkeit hat. Auf wichtige Gebote muss der Anleger, hat er sich für eine Strategie mit Aktien entschieden, aber unbedingt achten, insbesondere auf die folgenden.

Altersabhängige Gewichtung
Auch zur Altersfrage gibt es eine Börsenweisheit, die grundsätzlich ihre Berechtigung hat. Sie lautet: Der Aktienanteil sollte prozentual die Limite von „100 minus das Alter“ nicht überschreiten. Konkret heisst das, dass die Aktienquote mit zunehmendem Alter reduziert werden muss. Ein 65-jähriger Anleger darf also noch maximal 35 % Aktien in seinem Depot halten. Die Begründung ist klar. Wer im Ruhestand angekommen ist und über kein Erwerbseinkommen mehr verfügt, lebt vom Renteneinkommen, von Vermögenserträgen und ist meist auch auf den Vermögensverzehr angewiesen. Da soll er nicht durch Kursrückschläge an den Aktienmärkten, die – wie eben wieder erlebt - oft unerwartet rasch auftreten, noch zusätzlichem Vermögenszerfall ausgesetzt werden.

Stopp loss-Marken setzen
Das ist eine Vorsichtsmassnahme, die nicht von allen Anlageberatern empfohlen wird. Ich meine aber, der Aktienanleger sollte mindestens davon wissen und selber entscheiden, ob überhaupt und - falls ja - wo er seine vorsorglichen Verkaufslimiten setzen will. Damit schränkt man nämlich das Verlustpotenzial ein. Aber es kann auch in die Hose gehen, wenn der Aktienkurs rasch wieder nach oben steigt. Zur besseren Veranschaulichung verweise ich auf das weiter unten aufgeführte Beispiel.

Qualität und Rendite
Schliesslich noch die Empfehlung, bei der Aktienauswahl sehr selektiv vorzugehen oder sich grundsätzlich auf die kostengünstigen Aktienindex-Fonds (ETF) zu konzentrieren. Wer nach Einzelwerten Ausschau hält, sollte sich insbesondere vom Kurs/Gewinn-Verhältnis der Aktie sowie von ihrer Dividendenrendite leiten lassen. Wie letztes Mal gesehen, schütten diverse Unternehmen nun gar steuerfreie Dividenden aus. Aber auch den Kursverlauf der letzten Jahre sollte man sich genauer anschauen, ebenso das Image des Unternehmens und seine Position gegenüber der Konkurrenz. Wer sich hingegen auf Aktien-ETF beschränkt, kann sich solche Überlegungen ersparen. Im Aktienmarkt aber ausschliesslich auf ETF’s setzen, würde ich nicht. Das wäre mir doch etwas zuviel an Passivität!

Beispiel UBS: Stopp loss bei 60 Franken

Ein Anleger erwirbt im Jahr 2006 UBS-Aktien zum Kurs von 50 Franken. Er legt eine Stopp loss-Marke bei Fr. 42.50. Die UBS-Aktie steigt und steigt bis auf 74 Franken. Der Anleger zieht die Marke sukzessive nach oben auf 60 Franken nach. Dann kommt der grosse Absturz. Mit diesem „Stopp loss“ wäre man 2008 bei 60 Franken automatisch ausgestiegen. Wer die Aktien behalten hat, fand erst bei Fr. 9.00 wieder Boden. Nur, kein Mensch wusste damals, dass es im freien Fall derart stark nach unten gehen würde. Denkbar wäre es ja auch gewesen, dass der UBS-Kurs bei 59 Franken wieder nach oben dreht. Hier hat der Anleger dank Stopp loss-Auftrag mit UBS-Aktien also Gewinn erzielt. Hat er hingegen darauf verzichtet, muss er wohl noch lange an den schweren Verlusten kauen…