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Bald eine nationale Erbschaftssteuer?


Geldratgeber vom 15. Dezember 2011

von Maximilian Reimann

Die SP Schweiz hat vor 5 Monaten eine Volksinitiative zur Einführung einer eidgenössischen Erbschafts- und Schenkungssteuer lanciert. Schon ab 1. Januar 2012 könnte sie Wirkung entfalten.

In den Privatkundenabteilungen der Banken sowie bei den auf Erbrecht spezialisierten Anwaltskanzleien laufen die Drähte heiss. Aufgeschreckt sind viele Bewohner unseres Landes, die über ein Vermögen von mehr als zwei Millionen Franken verfügen, unter ihnen besonders viele Eigentümer von KMU-Betrieben. Ihnen soll es bereits ab nächstem Jahr an den Kragen gehen, denn die Volksinitiative ist mit folgender Übergangsklausel versehen: „Schenkungen werden rückwirkend ab dem 1. Januar 2012 dem Nachlass zugerechnet“. Was ist von diesem Initiativbegehren zu halten?

Auch CVP, EVP und Grüne im Initiativkomitee
Die Initiative mit dem Lockvogel-Namen „Millionen-Erbschaften besteuern für unsere AHV“ ist politisch breiter abgestützt als man prima vista annehmen würde. Nebst hochrangiger Parteiprominenz aus der SP finden sich im Initiativkomitee auch aktive und ehemalige Bundesparlamentarier aus anderen Parteien wie etwa die alt-Nationalräte Rosmarie Zapfl (CVP, Zürich), Heiner Studer (EVP, Aargau), Marie-Therese Weber (CSP, Fribourg) oder Marlies Bänziger (Grüne, Zürich). Diese werden bemüht sein, ihre Parteien im Abstimmungskampf für das PRO-Lager zu gewinnen. Dass die Initiative zustande kommt, daran besteht kein Zweifel. Ob sie aber mehrheitsfähig sein wird, möchte ich bezweifeln, denn Neid war politisch noch nie ein zukunftsgerichteter und nachhaltiger Wegweiser.

Überwindbares Ständemehr?
Die Initiative sieht vor, dass die Erbschaftssteuer auf dem Nachlass von Personen erhoben wird, die ihren Wohnsitz zum Zeitpunkt des Todes in der Schweiz haben. Auch die Schenkungssteuer wird beim Schenker erhoben. Das wird zur Folge haben, dass der Trend von vermögenden Leuten zunehmen wird, ihren Wohnsitz im vorgerückten Alter in ein Land ohne Erbschafts- und Schenkungssteuern zu verlegen. Vor allem reiche Ausländer werden der Schweiz den Rücken kehren. Dieser Trend wird dazu führen, dass die direkten Steuern abnehmen, und betroffen sind davon primär Kantone und Gemeinden. Der Bund generiert seine Steuereinnahmen, abgesehen von der direkten Bundessteuer, hauptsächlich aus indirekten Steuern wie der Mehrwertsteuer, der Mineralölsteuer, den Stempelabgaben oder aus Zöllen. Weil niemand weiss, wie alt er wird, dürften die Weichen für einen Wohnsitzwechsel ins Ausland eher früh als spät gestellt werden. An der neuen Erbschafts- und Schenkungssteuer partizipieren die Kantone aber lediglich mit einem Drittel. Das wird nie reichen, um die Ausfälle an direkten Steuern zu kompensieren. Generelle Steuererhöhungen für alle werden die Folge sein. Ich glaube nicht, dass das mehrheitsfähig sein wird, vor allem nicht beim Ständemehr.

Schwierige Zeiten für KMU-Nachfolgen
Die Schweiz ist volkswirtschaftlich geprägt von Hunderttausenden von KMU-Betrieben. Der Grossteil davon weist Unternehmenswerte auf, die – zum Teil weit - über der Freigrenze von 2 Millionen Franken liegen. Zu Problemen kann es nun beim Generationenwechsel kommen. Zwar sieht die Initiative steuerliche Ermässigungen vor, wenn die Erben oder Beschenkten das Unternehmen mindestens 10 Jahre weiterführen. Welcher Nachfolger weiss aber schon, was in den nächsten Jahren auf ihn zukommt? Über ihm hängt das Damoklesschwert einer latenten Steuer von 20 % auf dem Verkehrswert des Unternehmens zum Zeitpunkt des Todes oder der Schenkung. Ein derartiges Steuerrecht ist alles andere als KMU-freundlich. Es senkt den Anreiz auf innerfamiliäre Weiterführung des Betriebes und gefährdet damit Arbeitsplätze.